Samstag, 24. Januar 2009
 
Oaxaca: Polizeioffensive in die Defensive gedrängt PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Leo Gabriel   
Montag, 30. Oktober 2006

Einen Tag nach dem Einfall von ca. 5000 Angehörigen der"Policía Federal Preventiva" (PFP) in das Stadtzentrum von Oaxaca mehren sich die Anzeichen, dass die Offensive, mit der die mexikanische Regierung die Aufständischen von der "Asamblea Popular del Pueblo de Oaxaca" (APPO) in die Knie zwingen wollte, vorläufig fehlgeschlagen ist. Zehntausende Einwohner von Oaxaca leisteten den Wasserwerfern, Tränengasbomben und Panzerfahrzeugen einen derart erbitterten Widerstand, dass es den Uniformierten trotz einer bisher noch nicht bekannten Anzahl von Opfern auf Seiten der Zivilbevölkerung nicht gelungen ist, Hunderte von Strassensperren (Barrikaden)zu durchbrechen.

Foto: Indymedia

Das geht zumindest aus den Berichten des in den Räumen der Universität untergebrachten Senders "Radio Universidad" hervor, der als Sprachrohr der APPO und der gesamten Bewegung gilt. Es ist das gleiche Medium, das die Menschen auf der Straße informiert und das im Gegenzug per Telefon seine Informationen erhält sowie als Relaisstation für die Information nach Außen dient.Im folgenden eine kurze Zusammenfassung der dramatischen Ereignisse wie sie von Radio Universidad berichtet wurden:

Während sich am Abend des gestrigen Tages mehrere tausend Polizeieinheiten um die Stadt Oaxaca gesammelt haben, hielten vermummte Menschen die Barrikaden an den Zufahrtstraßen und in der Stadt aufrecht. Erste Einheiten der Polizei mussten umkehren. Währenddessen rief das Radio dazu auf, die Barrikaden zu halten und nach verdächtigen Personen Ausschau zu halten, die als Provokateure zur Eskalation der Lage benutzt werden könnten.

Am Morgen begannen die Polizeitruppen mit bewaffneter Riot Police sowie gepanzerten Transportern und Wasserwerfern die ersten Barrikaden zu räumen. Währenddessen wurde die Bevölkerung dazu aufgerufen,der vorrückenden Polizei nicht mit Gewalt zu begegnen, sondern ihnen Blumen zu übergeben, um sie von ihrer Gewaltlosigkeit zu überzeugen. Tatsächlich kam es zu Desertionen auf Seiten der Sicherheitskräfte, deren Ausmaß aber zur Zeit ebensowenig abgeschätzt werden kann wie die Zahl der Opfer und der Gefangenen, von denen viele per Hubschrauber in die Bundeshauptstadt überstellt wurden.

Foto: Indymedia

Für die PFP gestaltet sich das Vorrücken schwierig und ist nur in Etappen möglich, da die Menschen sich mit bloßem Körper vor die Polizeifahrzeuge stellen und legen, um sie zu stoppen. Immer wieder geht der Aufruf durch das Radio, die Polizeieinheiten zwar einzukreisen, ihnen aber keinen gewaltsamen Widerstand entgegenzusetzen. Sie rufen dabei "Nein zur Polizei in Oaxaca!".

Im Radio wird von Fahrzeugen gesprochen, aus denen geschossen worden sein soll, doch auch sie werden von der Bevölkerung eingekreist werden. Auch von drei Hubschraubern, von denen aus auf die Menschen geschossen werden soll, ist die Rede. Es wird dazu aufgerufen, die Piloten mit Hilfe von Taschenspiegeln zu blenden und auf den Strassen Feuer zu entzünden, um das Auskundschaften der Menschenbewegungen zu erschweren.

Um 14 Uhr Ortszeit setzt sich eine Demonstration in Bewegung, die durch das Radio koordiniert wird und die ihrerseits die Barrikaden verstärkt.In Oaxaca wird die Demonstration von der Polizei mit Tränengas angegriffen und es kommt zu Übergriffen auf die Teilnehmer. Das Radio ruft Menschen weiterhin dazu auf, sich zur Universität zu begeben.

Um ca. 17 Uhr, zwei Stunden vor Einbruch der Dunkelheit, bewegt sich die Polizei in Richtung Universität, in der auch das Radio untergebracht ist. Der Bevölkerung gelingt es jedoch, neben den noch von früher bestehenden Barrikaden, um die Universität eine neue Blockade zu errichten. Etwas später gelingt es der Polizei allerdings die Telefon- und Elektrizitätsleitungen zu unterbrechen, sodass auch der Sendebetrieb von Radio Universidad vorübergehend eingestellt wird.

Inzwischen haben sich nicht nur in der Stadt Oaxaca selbst, sondern auch aus den umliegenden Dörfern und Munizipien Menschen mobilisiert und behindern die nachrückenden Polizeikräfte, die zusehends per Flugzeug transportiert werden müssen. Auch ein außerhalb Oaxacas gelegener öffentlicher Radiosender in Guelatao soll von den dortigen Einwohnern übernommen worden sein.

Obwohl es die Polizei aufgrund der Tausenden von Menschen schwer hat, Boden zu gewinnen, nähern sie sich dennoch dem Stadtzentrum. Aber auch hier machen es quergestellte Lastwagen, die aus dem Weg geräumt werden müssen, der Polizei nicht leicht, vorwärts zu kommen.

Auch in anderen Städten, wie z.B. in Mexiko-Stadt wird protestiert. Eine Menschenmenge blockiert serzeit den Paseo de la Reforma, jene Hauptverkehrsader, wo sich die Anhänger des "Gegenpräsidenten" Andres Manuel López Obrador wochenlang niedergelassen hatten, und ruft die Bevälkerung auf, sich ihr anzuschließen.


Associated Press berichtet aus London, dass es Sonntag abends für ihre Mitarbeiter wegen der Polizeieinheiten unmöglich war, in das Stadtzentrum zu gelangen.In Mailand besetzten die Demonstranten das mexikanische Generalkonsulat. Und für heute nachmittags sind Demonstrationen in mehreren eurpäischen Hauptstädten geplant, darunter auch in Madrid, Barcelona, Paris, Berlin und Wien (siehe Aufruf!).

Darin liegt auch die Hoffnung der APPO. Denn angesichts der guten technischen Ausstattung der Sicherheitskräfte u.a. auch durch die mexikanische Armee ist es ungewiß, wie lange die Bevülkerung dem Ansturm der PFP wird standhalten können. Es sind jedoch auch in anderen Teilen Mexikos Vorbereitungen im Gang, um die Bevölkerung von Oaxaca zu unterstützen.


Radiostream von Radio Universidad:
http://radio.indymedia.org:8000/appo.mp3.m3u
http://icecast.freeteam.nl/appo.mp3.m3u

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